Positionspapier


Menschenrechte und internationale Sportereignisse

Michaela Wengler und Sebastian Öhner, September 2022

Von 20.11 bis 18.12.2022 findet die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar statt. Schon im Vorfeld wirft dieses Ereignis große Schatten, vor allem aus menschenrechtlicher Sicht. So kommt es in Katar zu gravierenden Verletzungen der Arbeitsrechte, aber auch der Frauen-, LGBTIQ+- und Kinderrechte.

Allgemein standen Sportgroßereignisse zuletzt aufgrund von Menschenrechtsverletzungen immer mehr in der öffentlichen Kritik. Dabei haben Sportgroßereignisse, sowie Sport im Allgemeinen großes Potential, Menschenrechte nicht nur zu respektieren, sondern auch zu stärken. Nämlich dann, wenn die Akteur*innen aus Politik, Sport und Wirtschaft Verantwortung tragen und beispielgebend vorangehen.

Auf internationaler Ebene unterstützen wir die Position der Sport and Rights Alliance (SRA), einem Bündnis aus Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften. Sie verlangen, dass die FIFA die Verantwortung dafür übernimmt, Menschenrechtsverletzungen im Rahmen der Fußball-WM aktiv und gezielt vorzubeugen und Lösungen für Risiken und Verfehlungen zu finden. Auch unterstützen wir die konkreten Forderungen zentraler Organisationen des Bündnisses – darunter Human Rights Watch, Amnesty International und Equidem – an die FIFA und den Staat Katar, Entschädigungszahlungen an Arbeitsmigrant*innen zu zahlen und Arbeitsrechte für Hausangestellte zu garantieren (ILO 1325).

Auf nationaler Ebene sind auch der österreichische Sport und österreichische Akteur*innen gefordert. Auch sie dürfen sich nicht aus der Verantwortung ziehen, sondern ihre Wirkmächtigkeit dafür einsetzen, positiv auf die Einhaltung der Menschenrechte im Rahmen von internationalen Sportereignissen einzuwirken – auf nationaler sowie auf internationaler Ebene.

Wir empfehlen

… auf staatlicher und politischer Ebene

  • Eine Etablierung der Kultur der Menschenrechte im österreichischen Sport und eine klare öffentliche Positionierung zu aktuellen Problemen wie Rassismus, Diskriminierung und Gewalt im Sport.
  • Die proaktive Förderung der Menschenrechtsbildung und weitreichende Aufklärungsmaßnahmen.
  • Unterstützung und Rückhalt der Politik für österreichische Sportverbände, die sich national, wie auch international positiv zur Einhaltung der Menschenrechte positionieren und sich im Rahmen von Sportereignissen dazu äußern.
  • Ideale Rahmenbedingungen zur Förderung und Umsetzung verbindlicher Menschenrechts-Codices zur Stärkung von Frauen- und LGBTIQ+-Rechten, sowie Gewalt- und Kinderschutzkonzepte. Dafür braucht es unabhängige Instanzen, die ihre Einhaltung kontrollieren.
  • Die Kopplung von menschenrechtlichen Kriterien an die Vergabe von Förderungen für internationale Sportereignisse und die veranstaltenden Verbände und Vereine in Österreich.

auf Ebene österreichischer Verbände

  • Öffentliche Positionierung zur Einhaltung der Menschenrechte im Rahmen von Sportgroßereignissen.
  • Die Nutzung der nationalen Verbandsstimme im internationalen Rahmen, um sich positiv und unterstützend zu den Menschenrechten im Sport und bei Sportereignissen zu äußern.
  • Die Erarbeitung von einer sportartspezifischen und verbindlichen Menschenrechts-Polizze für den eigenen Verband.
  • Die Aufnahme der Menschenrechte in die jeweiligen Verbandsstatuten und eine strukturelle Implementierung von Schutzmechanismen, die von einem eigens benannten Team von Verantwortlichen überwacht werden, das deren Wahrung garantiert.
  • Die Wahrung der Menschenrechte als zentraler Bestandteil in der Planung und Durchführung von (Groß-)Veranstaltungen. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf sozial und ökologisch nachhaltige Lieferketten gelegt werden.
  • Die Stärkung von Menschenrechtsbildung der Verbandsmitglieder.

… auf der Ebene österreichischer Firmen und Vereinen

  • Die Durchführung einer Risikoanalyse gemäß menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten vor jeder Auftragsvergabe für Services und Leistungen durch Dritte im Rahmen von Sportgroßereignissen.
  • Eine strukturelle Implementierung von  Gewaltschutzmechanismen, wie bspw. Kinderschutzkonzepte, die von einem spezifisch geschulten Team überwacht wird, das deren Wahrung garantiert.
  • Ein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der Menschenrechte bei Aktivitäten von Tochterfirmen, Zulieferer*innen und Subvertragnehmer*innen. Auch hier gilt es, auf sozial und ökologisch nachhaltige Lieferketten zu achten!
  • Eine klare öffentliche Positionierung bei (Nicht-)Einhaltung der Menschenrechte im Rahmen von Sportgroßereignissen.
  • Die Anwendung von UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die Achtung von OECD Richtlinien für multinationale Unternehmen und die Übernahme von internationalen Menschenrechtsverträgen als Maßstab für das eigene Handeln.

… auf der Ebene von Zuschauer*innen und Fans

  • Interesse und Einsatz für Menschenrechte im Kontext von Sportgroßereignissen.
  • Menschenrechtsverletzungen im Rahmen von Sportgroßereignissen nicht hinzunehmen und durch Konsum zu unterstützen. Alle haben einen Handlungsspielraum, in dem sie sich für ein respektvolles Miteinander einsetzen können!